Auswirkungen der Coronakrise auf die arbeitsrechtlichen Beziehungen in Polen

Freitag, den 27.03.2020

Die Auswirkungen der Coronakrise auf die arbeits-rechtlichen Beziehungen in Polen

Die durch das Coronavirus hervorgerufene Krise hat in den vergangenen Tagen auch erhebliche Auswirkungen auf die Möglichkeiten der tatsächlichen Arbeitsausübung in Polen genommen. In diesem Zusammenhang sehen sich die polnischen Arbeitgeber und ihre Mitarbeiter ganz neuen Herausforderungen gegenüber.

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1. Eine neue Möglichkeit: das Home-Office

Deutsche Kanzlei hilft in der Coronakrise in Polen.

Um eine weitere Ausbreitung des Coronaviruses zu vermeiden, wurden auch in Polen viele Beschäftigte nach Hause geschickt. Überall dort, wo dies möglich ist, erledigen die Mitarbeiter nun ihre Aufgaben von zu Hause aus. Das Problem: es fehlen für die mit der Arbeit im Home-Office verbundenen Fragestellungen klare gesetzliche Regelungen. Vielleicht auch deshalb, weil die Vorteile einer ab und zu von zu Hause aus verrichteten Arbeit bisher noch nicht von allen Mitarbeitern und Arbeitgebern erkannt wurden. Die einzige im polnischen Arbeitsrecht bislang verankerte Art der außerhalb des Büros zu verrichtenden Arbeit ist die Telearbeit.

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a. Die Zulässigkeit des Home-Office in Krisenzeiten des Corona-viruses

Die polnische Gesetzgeber hat nun in seinem ersten Krisengesetz über besondere Lösungen für die Vorbeugung, dem Entgegenwirken und der Bekämpfung des Coronaviruses und anderer Infektionskrankheiten vom 02. März 2020 die Möglichkeiten erweitert, Arbeit auch in der Form der Fernarbeit zu erbringen (remote working). Dabei wurde klargestellt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Weisung erteilen darf, die vertraglich vereinbarte Arbeit für eine befristete Zeit außerhalb des ständigen Arbeitsortes zu verrichten. Das bedeutet, dass davon auch die Arbeit im Home-Office erfasst wird.

Die Anordnung von Fernarbeit im Home-Office ist nach dem Wortlaut des oben genannten Gesetzes jedoch nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber durch die Einführung dieser Art der Arbeitsorganisation der weiteren Verbreitung des Coronaviruses entgegenwirken will. Darüber hinaus gilt diese gesetzliche Bestimmung zunächst für einen Zeitraum von 180 Tagen.

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Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitnehmer eine entsprechende Anweisung seines Arbeitgebers für die Arbeit im Home-Office nicht ohne Weiteres ablehnen kann. Das polnische Arbeitsgesetzbuch stellt klar, dass sich der Arbeitnehmer nur dann einer Anweisung des Arbeitgebers widersetzen darf, wenn diese im Widerspruch zu gesetzlichen Vorschriften oder den Bestimmungen des Arbeitsvertrages stehen. Wenn dann die familiären oder häuslichen Bedingungen die Ausübung von Arbeit aus dem Home-Office nicht zulassen, stehen beide Parteien des Arbeitsvertrages vor einem echten Dilemma. Die staatliche Arbeitsinspektion hat sich im Zusammenhang mit dem oben genannten Gesetz auf den Standpunkt gestellt, dass der Arbeitgeber in dieser Situation dem Arbeitnehmer einen anderen Fernarbeitsplatz zur Verfügung zu stellen hat. Wo genau sich dieser dann befinden soll, bleibt jedoch offen.

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b. Die Zulässigkeit des Home-Office außerhalb von Krisenzeiten

Die Arbeit von zu Hause aus, die keine Telearbeit darstellt, ist im polnischen Arbeitsgesetzbuch nicht geregelt. Aber bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen trotzdem zulässig.

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass von Telearbeit nur dann die Rede ist, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: zum einen die regelmäßige Erbringung der Arbeit durch den Arbeitnehmer außerhalb des Betriebes des Arbeitgebers; zum anderen die Übermittlung der Arbeitsergebnisse auf elektronischem Wege.

Für die Arbeit im Home-Office ist diese Regelmäßigkeit jedoch nicht erforderlich. Hier bestimmen vielmehr konkrete Situationen des täglichen Lebens die Notwendigkeit, die Arbeit auch mal von zu Hause aus zu erledigen (z. B. die Betreuung eines erkrankten Kindes). Die überwiegende Arbeitszeit im Monatsverlauf verbringt der Arbeitnehmer hingegen im Betrieb des Arbeitgebers.

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Aufgrund des Fehlens gesetzlicher Regelungen macht es Sinn, die Rahmenbedingungen für die Erbringung von Arbeit im Home-Office in einer innerbetrieblichen Richtlinie festzulegen. Hier können zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern verabredete Fragestellungen oder auch vom Arbeitgeber vorgegebene Inhalte verankert werden. Dies betrifft z. B. die Aufstellung der Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen, die aufgrund des Wesens ihrer Arbeit diese auch außerhalb des Betriebes erbringen können. Oder auch die Frage, wie häufig die Arbeit im Home-Office im Monatsverlauf verrichtet werden darf.

Wichtig ist ebenso die Festlegung, wer über die Arbeit im Home-Office im Einzelfall entscheiden soll, in welcher Form der Antrag des Arbeitnehmers zu stellen ist und auch, auf welche Art und Weise der Arbeitnehmer die Ergebnisse seiner Arbeit an den Arbeitgeber übermittelt. Hinzu kommen Fragen der Einhaltung des Datenschutzes, des Betriebsgeheimnisses und auch die Organisation des Arbeitsplatzes in der Wohnung des Arbeitnehmers.

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Empfehlenswert ist es, neben der innerbetrieblichen, an alle Mitarbeiter gerichteten Home-Office-Richtlinie auch eine schriftliche Einzelvereinbarung mit dem jeweiligen Arbeitnehmer zu unterzeichnen. Hier können dann neben der Festlegung der Adresse als Arbeitsort im Home-Office auch weitere individuelle Absprachen mit dem Arbeitnehmer getroffen werden.

Die Zeit der Coronakrise bietet sich an, um die innerbetrieblichen Grundlagen für die Arbeit im Home-Office zu überprüfen oder aber neu zu erstellen.

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2. Möglichkeiten für die Verkürzung der Arbeitszeit und die Herabsetzung der Vergütung

a. Bestehende spezialgesetzliche Regelungen für die Herab-setzung der Arbeitszeit

Der polnische Gesetzgeber hat in einem aus dem Jahr 2013 stammenden Gesetz die Grundsätze für finanzielle Hilfen zugunsten von Arbeitnehmern geregelt, die von einem ökonomischen Stillstand oder von einer Herabsetzung der Arbeitszeit betroffen sind.

Der ökonomische Stillstand wird dabei als Zeitraum definiert, in dem der Arbeitnehmer aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, keine Arbeit verrichtet, obwohl er zur Erbringung der Arbeit bereit ist. Das herabgesetzte Ausmaß der Arbeitszeit wird im Gesetz als durch den Arbeitgeber herabgesetztes Ausmaß der Arbeitszeit des Arbeitnehmers bestimmt, der diese Herabsetzung nicht zu vertreten hat. Dabei darf die Verringerung der Arbeitszeit maximal die Hälfte der bisherigen Arbeitszeit betreffen.

Darüber hinaus sieht das Gesetz bestimmte formelle Voraussetzungen für die finanziellen Hilfen vor, u. a. die Antragstellung und Unterzeichnung eines Vertrages mit der zuständigen Wojewodschaftsverwaltung, die Festlegung der Arbeitszeitherabsetzung in einer Betriebsvereinbarung mit den Gewerkschaften bzw. mit gewählten Arbeitnehmervertretern, wenn beim Arbeitgeber keine Gewerkschaftsorganisationen tätig sind.

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Zu beachten ist jedoch, dass das Gesetz dem Arbeitsminister vorgibt, den Stand der Arbeitslosigkeit in Polen zu beobachten. Erst dann, wenn sich die Arbeitslosenzahlen in zwei aufeinander folgenden Monaten um mindestens 7% nach oben ändern, entscheidet die Regierung über weitere Schritte. Da die Arbeitslosenzahlen in den vergangenen Monaten gefallen sind, wurde die oben erwähnte Grenze für ein Tätigwerden der Regierung in der letzten Zeit nicht erreicht.

Daraus ergibt sich das Folgende: die Arbeitslosenzahlen müssten sich in der gegenwärtigen Corona-Krise zunächst einmal in der oben dargestellten Art und Weise ändern, bevor die Regierung tätig werden und neue finanzielle Hilfen bereit stellen könnte. Dies ist jedoch kein Weg, um den Unternehmen und Mitarbeitern schnelle Lösungen und finanzielle Unterstützung zu geben.

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Deutscher Rechtsanwalt berät in Warschau im polnischen Arbeitsrecht.

Wir unterstützen Sie gerne. Sie erreichen uns auch per E-Mail unter info@braunpaschke.eu.

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b. Allgemeine Bestimmungen des polnischen Arbeitsgesetzbuches

Deshalb wird es nun von der Regierung und dem Parlament abhängen, wie schnell Hilfen an die Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Bewältigung der Coronakrise gewährt werden (entweder durch die Anpassung des oben besprochenen Gesetzes aus dem Jahr 2013 an die geänderte Lage oder durch den Erlass eines neuen, speziellen Krisengesetzes).

Solange keine neuen gesetzlichen Regelungen verabschiedet werden, bleiben lediglich die Möglichkeiten, die das polnische Arbeitsgesetzbuch zu Verfügung stellt. Das sind insbesondere die speziellen arbeitszeitrechtlichen Vorschriften, die gewöhnlich durch Tarifverträge oder Bestimmungen der innerbetrieblichen Arbeitsordnung geregelt werden. Die Art und Weise, wie die im Betrieb angewandten Arbeitszeitsysteme und Abrechnungszeiträume ins Leben gerufen wurden, entscheidet auch darüber, wie diese Bestimmungen geändert und an die neue Situation angepasst werden können.

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Unser Beratungsangebot

Gerne unterstützen wir Sie mit unseren anwaltlichen Leistungen, um mit Ihnen gemeinsam individuelle Lösungen zu finden, die Auswirkungen der Coronavirus-Krise abzumildern. Hierzu gehören insbesondere:

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  • die Ausarbeitung von innerbetrieblichen Richtlinien für die Arbeit Ihrer Mitarbeiter im Home-Office,
  • die Prüfung der bei Ihnen bereits geltenden arbeitszeitrechtlichen Regelungen sowie der Möglichkeiten einer Anpassung dieser innerbetrieblichen Bestimmungen an die gegenwärtige Situation,
  • die Beobachtung der Regierungs- und Parlamentsarbeit im Hinblick auf die Verabschiedung von Gesetzen, die den in Polen tätigen Unternehmen finanzielle Hilfen gewähren sollen.

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