Grenzbeschlagnahme in Polen

Die Grenzbeschlagnahme – eine zusätzliche Möglichkeit der Vorbeugung von Produktpiraterie

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Werden Waren in den Verkehr gebracht, die Rechte des geistigen Eigentums verletzen, dann entstehen den Inhabern der davon betroffenen gewerblichen Schutzrechte erhebliche Schäden. Darüber hinaus können durch die Produktfälschungen Verbraucher getäuscht werden und gesundheitlichen Risiken ausgesetzt werden. Letzteres insbesondere durch die Tatsache, dass gefälschte Produkte sehr häufig nicht den gesetzlichen Anforderungen an die einzuhaltende Sicherheit entsprechen.

Neben den entsprechenden gerichtlichen Maßnahmen, die der Inhaber z. B. eines Markenrechtes oder eines Geschmacksmusterrechtes gegen den Rechtsverletzer einleiten kann (z. B. die Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung), bestehen weitere Möglichkeiten, dem Inverkehrbringen von Plagiaten vorzubeugen. Hierzu gehören u. a. eine gut organisierte Überwachung des polnischen Marktes, im Rahmen derer in Frage kommende Internetplattformen und Messen regelmäßig nach gefälschten Produkten durchsucht werden. Weiterhin kommt auch eine Zusammenarbeit mit den polnischen Zollbehörden in Betracht, um Produktfälschungen bereits an der Außengrenze der Europäischen Union aus dem Verkehr zu ziehen (insbesondere an der polnischen Außengrenze zur Ukraine und zu Weißrussland).

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Der Gegenstand der Grenzbeschlagnahme durch die polnischen Zollbehörden

Ermitteln die Zollbehörden an der polnischen Außengrenze der Europäischen Union Waren, die im Verdacht stehen, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen, können sie grundsätzlich auf der Grundlage eines entsprechenden Antrags des Rechteinhabers oder auch von Amts wegen tätig werden und diese Waren beschlagnahmen. In Abhängigkeit vom verletzten Schutzrecht stehen dem Rechteinhaber entweder Anträge nach Unionsrecht oder Anträge auf der Grundlage des jeweiligen Landesrechtes zur Verfügung.

Auf jeden Fall sollte die Stellung eines Antrags an die polnischen Zollbehörden erwogen werden, um dem polnischen Zoll das Auffinden von gefälschten Produkten zu erleichtern. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Kapazitäten der Behörden aufgrund der erheblichen Warenströme an der polnischen EU-Außengrenze begrenzt sind. Die Voraussetzungen für das Tätigwerden der Zollbehörden nach der Stellung eines Unionsantrags sowie das einzuhaltende Verfahren nach der Beschlagnahme von Plagiaten enthält die Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates (Produktpiraterie-Verordnung). Die nationalen Bestimmungen hingegen finden sich im polnischen Zollkodex sowie im polnischen Gesetz über die nationale Finanzverwaltung vom 16. November 2016.

Ein nationaler Antrag umfasst lediglich das Territorium des Mitgliedsstaates, in dem der Antrag eingereicht wurde. Der Unionsantrag hingegen ermöglicht das Tätigwerden sowohl der nationalen, im vorliegenden Fall der polnischen Zollbehörden, als auch der Behörden der Mitgliedsstaaten, die in dem Unionsantrag bezeichnet wurden.

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Der Unionsantrag nach der Produktpiraterie-Verordnung

Der Inhaber eines Rechtes des geistigen Eigentums kann im Unterschied zu anderen Berechtigten stets einen Unionsantrag als auch einen nationalen Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörden stellen. Die Verordnung 608/2013 erfasst dabei jedoch lediglich die Rechte des geistigen Eigentums, die eine unionsweite Rechtswirkung entfalten. Hierzu gehören insbesondere:

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Die polnischen Zollbehörden können die von einem Antrag des Rechteinhabers erfassten Waren beschlagnahmen, die entweder nachgeahmte oder unerlaubt hergestellte Waren darstellen. Die Produktpiraterie-Verordnung enthält für die beiden genannten Gruppen von Waren die entsprechenden Definitionen.

Unter nachgeahmten Waren versteht die Verordnung 608/2013 insbesondere:

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  • Waren, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie angetroffen werden (Polen), Gegenstand einer eine Marke verletzenden Handlung sind und auf denen ohne Genehmigung des Rechteinhabers ein Zeichen angebracht ist, das mit der für derartige Waren rechtsgültig eingetragenen Marke identisch oder in seinen wesentlichen Merkmalen nicht von einer solchen Marke zu unterscheiden ist, sowie
  • jegliche Art von Verpackungen, Etiketten, Aufklebern, Prospekten, Bedienungs- oder Gebrauchsanweisungen, Garantiedokumenten oder sonstigen ähnlichen Artikeln, auch gesondert gestellten, die Gegenstand einer eine Marke verletzenden Handlung sind, auf denen ein Zeichen, Name oder Begriff angebracht ist, das bzw. der mit einer rechtsgültig eingetragenen Marke identisch ist oder in seinen wesentlichen Merkmalen nicht von einer solchen Marke zu unterscheiden ist, und die für die gleiche Art von Waren wie die, für die die Marke eingetragen wurde, verwendet werden können.

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Der Begriff der unerlaubt hergestellten Waren umfasst hingegen Waren, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie sich befinden (Polen), Gegenstand einer ein Urheberrecht oder ein Geschmacksmuster verletzenden Tätigkeit sind und Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen sind oder solche enthalten und ohne Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts oder des Geschmacksmusters oder ohne Zustimmung einer vom Rechtsinhaber im Herstellungsland ermächtigten Person angefertigt wurden.

Zu beachten ist, dass die Produktpiraterie-Verordnung bestimmte Waren von ihrem Anwendungsbereich ausschließt. Hierzu gehören u. a. Waren ohne gewerblichen Charakter, die im persönlichen Gepäck von Reisenden mitgeführt werden sowie Waren, die von einer vom Rechtsinhaber zur Herstellung einer bestimmten Menge von Waren ordnungsgemäß ermächtigten Person unter Überschreitung der vereinbarten Mengen hergestellt wurden.

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Der Unionsantrag ist auf einem entsprechendem Formular zu stellen, das durch die Durchführungsverordnung der Kommission (EU) Nr. 2018/582 vom 12 April 2018 vorgegeben wird und insbesondere die folgenden Informationen zu enthalten hat:

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  • den Nachweis der Berechtigung des Antragstellers (und Rechteinhabers),
  • die genaue Darstellung des betroffenen Rechts des geistigen Eigentums,
  • Informationen über die Originalware sowie Informationen, die es den Zollbehörden ermöglichen, die von dem Antrag erfassten Waren (nachgeahmte oder unerlaubt hergestellte Waren) leicht zu erkennen. Hierzu zählen vor allem Fotos bzw. Videos der Originalprodukte, detailliertes Informationsmaterial zu den Eigenschaften der Originalware (z. B. Seriennummern, Wasserzeichen, Hologramme, Art der Verpackung der Waren) sowie, soweit vorhanden, Informationen über die mögliche Herkunft der vom Antrag erfassten Plagiate.

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Ablauf des Verfahrens der Grenzbeschlagnahme durch die polnischen Zollbehörden

Der entsprechende Antrag auf Tätigwerden der polnischen Zollbehörden ist beim Direktor der Zollkammer in Warschau zu stellen. Die Einlegung des Antrags ist kostenfrei. Die oben genannte Organisationseinheit des polnischen Zolls teilt dem Antragsteller ihre Entscheidung über die Stattgabe oder die Ablehnung des Antrags innerhalb von 30 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags mit. Dabei legt der Direktor der Zollkammer auch fest, in welchem Zeitraum der polnische Zoll tätig werden muss. Hier gilt, dass die Frist von einem Jahr nicht überschritten werden darf, wobei eine Verlängerung des Antrags möglich ist.

Die Bestimmungen der Produktpiraterie-Verordnung sehen vor, dass Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, unter zollamtlicher Überwachung vernichtet werden können, ohne dass der Zoll feststellen muss, ob gemäß den polnischen Rechtsvorschriften ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, sofern alle nachstehend aufgeführten Bedingungen erfüllt sind:

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  • der Antragsteller hat den polnischen Zollbehörden innerhalb von zehn Arbeitstagen oder im Fall verderblicher Waren innerhalb von drei Arbeitstagen nach der Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung schriftlich bestätigt, dass seines Erachtens ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist,
  • der Antragsteller hat den polnischen Zollbehörden seine Zustimmung zur Vernichtung der Waren innerhalb von zehn Arbeitstagen oder im Fall verderblicher Waren innerhalb von drei Arbeitstagen nach der Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung schriftlich bestätigt,
  • der Anmelder oder der Besitzer der Waren hat den polnischen Zollbehörden seine Zustimmung zur Vernichtung der Waren innerhalb von zehn Arbeitstagen oder im Fall verderblicher Waren innerhalb von drei Arbeitstagen nach der Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung schriftlich bestätigt. Hat der Anmelder oder der Besitzer der Waren den polnischen Zollbehörden innerhalb dieser Fristen weder seine Zustimmung zur Vernichtung der Waren noch seinen Widerspruch gegen diese Vernichtung bestätigt, so können die polnischen Zollbehörden davon ausgehen, dass der Anmelder oder der Besitzer der Waren mit der Vernichtung dieser Waren einverstanden ist.

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Warentransit innerhalb der Europäischen Union

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes war der Transit von Waren innerhalb der Europäischen Union in der Vergangenheit dann keine Markenverletzung, wenn diese Waren nicht in einem Mitgliedsland der EU in den Verkehr gebracht wurden. Dies betraf z. B. Warenströme aus China, die an einem Flughafen in Deutschland oder Polen eintrafen und an Empfänger außerhalb der EU weitergeleitet werden sollten. Hier mussten in der Vergangenheit die Markeninhaber nachweisen, dass die vom Zoll aufgegriffenen Waren dazu bestimmt waren, innerhalb der EU in den Verkehr gebracht zu werden – ein für den Markeninhaber häufig schwierig zu erbringender Nachweis.

Hier hat der europäische Gesetzgeber reagiert und bereits in die Unionsmarkenverordnung aufgenommen, dass der Unionsmarkeninhaber berechtigt ist, Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Waren in die Union zu verbringen ohne diese in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen, wenn diese Waren, einschließlich ihrer Verpackung, aus Drittstaaten stammen und ohne Zustimmung eine Marke aufweisen, die mit der für derartige Waren eingetragenen Unionsmarke identisch ist oder in ihren wesentlichen Aspekten nicht von dieser Marke zu unterscheiden ist. Weiterhin enthält die Unionsmarkenverordnung in ihrem Art. 9 Abs. 4 eine Beweislastumkehr. Nunmehr muss der zollrechtliche Anmelder oder der Besitzer der Waren nachweisen, dass der Inhaber der Unionsmarke nicht berechtigt ist, das Inverkehrbringen der Waren im endgültigen Bestimmungsland außerhalb der EU zu untersagen.

Eine gleichlautende Bestimmung enthält die Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken in ihrem Art. 10 Abs. 4, die bis zum 14. Januar 2019 in innerstaatliches polnisches Recht umzusetzen ist.

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Deutscher Rechtsanwalt berät in Warschau im polnischen Markenrecht.

Steffen Braun ist deutscher Rechtsanwalt und berät deutsch- und englischsprachige Mandanten im Bereich des geistigen Eigentums sowie bei der Geltendmachung von Verstößen gegen gewerbliche Schutzrechte in Polen.

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Deutscher Rechtsanwalt berät in Warschau im gewerblichen Rechtsschutz.

Adam Paschke ist deutscher Rechtsanwalt und berät deutschsprachige Mandanten im Bereich des geistigen Eigentums sowie bei der Geltendmachung von Verstößen gegen gewerbliche Schutzrechte in Polen.

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