Grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Justiz

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Justiz in strafrechtlichen Angelegenheiten

Neben dem Zivilrecht unterliegt auch das Strafrecht einer immer weitergehenden Angleichung innerhalb der Europäischen Union. Neben der Harmonisierung von Teilen des materiellen Strafrechts betrifft dies vor allem das Strafverfahrensrecht.

Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit der Justizbehörden innerhalb Europas war das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959, das durch entsprechende Zusatzprotokolle im Jahr 1978 und 2001 ergänzt wurde. Darüber hinaus enthalten das Europäische Rechtshilfeübereinkommen aus dem Jahr 2000 sowie das Schengener Durchführungsabkommen aus dem Jahr 1990 weitere Grundlagen für die Kooperation der Justizbehörden innerhalb Europas. Die Einführung des Europäischen Haftbefehls im Jahr 2002 hat dann zu einer neuen Qualität der justiziellen Zusammenarbeit geführt.

Neben den oben genannten Rechtsakten gibt es eine Reihe von bilateralen Verträgen, die die Rechtshilfe in Strafsachen erleichtern sollen, z. B. den Vertrag vom 17. Juli 2003 über die Ergänzung des Europäischen Rechtshilfeabkommens zwischen der Republik Polen und der Bundesrepublik Deutschland oder auch den entsprechenden Vertrag vom 2. Juni 2003 zwischen der Republik Polen und der Republik Österreich.

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Internationalisierung der Strafverfolgung

Ermittlungsverfahren in Polen

Die internationalen und bilateralen Übereinkommen sowie die Vorschriften der nationalen Strafprozessordnungen können schnell dazu führen, dass ein im Ausland erhobener strafrechtlicher Vorwurf auch im eigenen Land zu unangenehmen Konsequenzen führt. So kann sich ein deutscher Staatsangehöriger, dem durch die polnischen Strafverfolgungsorgane zu Recht oder Unrecht die Begehung einer Straftat vorgeworfen wird, sich nicht mehr ohne weiteres der Sicherheit hingeben, es werde schon nichts passieren. Das betrifft neben Privatpersonen auch deutsche Unternehmer, die in Polen Tochtergesellschaften besitzen und dort als Geschäftsführer im polnischen Handelsregister eingetragen sind. Die Praxis zeigt immer wieder, dass auch die Tatsache, dass der deutsche Geschäftsführer sich nur sporadisch in Polen aufhält und im Grunde genommen die operative Geschäftstätigkeit einem polnischen Kollegen überlässt, die polnische Staatsanwaltschaft nicht von entsprechenden Ermittlungen abhält.

Wer also darüber benachrichtigt wird, dass die polnischen Justizbehörden ein Ermittlungsverfahren anstreben oder bereits eingeleitet haben, der sollte sich so schnell wie möglich einen Rechtsbeistand (Strafverteidiger) in Polen besorgen, der dann zunächst einmal durch Kontaktaufnahme mit der polnischen Staatsanwaltschaft oder der Polizei und durch Einsicht in die Akten Klarheit über den Vorwurf und den genauen Stand der Ermittlungen schaffen kann.

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Europäischer Haftbefehl und eine in Polen begangene Straftat

Wichtig ist in diesem Zusammenhang zum einen, dass die Rechtshilfe zwischen Polen und Deutschland auch bei Steuerstraftaten und bei fiskalischen Ordnungswidrigkeiten geleistet wird. Zum anderen ist zu bedenken, dass das Instrument des Europäischen Haftbefehls bereits greift, wenn jemand einer Straftat verdächtigt wird; jedoch unter der Voraussetzung, dass der entsprechende strafrechtliche Tatbestand in Polen mit einer Freiheitsstrafe von wenigstens 12 Monaten bedroht ist und das Interesse der polnischen Rechtsordnung die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls erforderlich macht.

Hat jemand in Polen eine Straftat begangen, dann bedeutet ein Wohnsitz in Deutschland nicht, dass die polnischen Strafverfolgungsbehörden keinen Zugriff auf den Beschuldigten in Deutschland haben. Der Europäische Haftbefehl sorgt dafür, dass eine im Zusammenhang mit einer in Polen verübten Straftat gesuchte Person in Deutschland festgenommen und nach Polen überstellt werden kann.

Dies gilt übrigens auch für deutsche Staatsangehörige. Hier sieht das deutsche Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vor, dass die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, wenn:

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  • gesichert ist, dass der ersuchende Mitgliedstaat (hier: Polen) nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten auf seinen Wunsch zur Vollstreckung der Strafe nach Deutschland zurückzuüberstellen, und,
  • die Tat einen maßgeblichen Bezug zum ersuchenden Mitgliedstaat (hier: Polen) aufweist.

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Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum ersuchenden Mitgliedstaat (hier: Polen) liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen auf dem polnischen Hoheitsgebiet begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist, oder wenn es sich um eine schwere Tat mit typisch grenzüberschreitendem Charakter handelt, die zumindest teilweise auch auf dem polnischen Hoheitsgebiet begangen wurde.

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Fehlende Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung

Darüber hinaus ist zu beachten, dass in Polen seit dem 01. Juli 2015 der Angeklagte während der Hauptverhandlung nicht mehr anwesend sein muss, sondern lediglich ein Recht auf Teilnahme an der Hauptverhandlung hat (vgl. Art. 374 § 1 der polnischen Strafprozessordnung). Galt bis zum Inkrafttreten der entsprechenden Gesetzesnovelle der Grundsatz der Anwesenheitspflicht des Angeklagten, so hat nunmehr das Gericht die Möglichkeit, diese Anwesenheitspflicht festzulegen. Etwas anderes gilt beim Vorwurf der Begehung eines Verbrechens mit einer Strafandrohung von wenigstens 3 Jahren Freiheitsentzug. Hier gilt die gesetzliche Anwesenheitspflicht für bestimmte Prozesshandlungen zu Beginn der Hauptverhandlung.

Aufgrund des Dargestellten kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Hauptverhandlung auch ohne den ausländischen Angeklagten durchgeführt wird; zumal es auch ein Strafbefehlsverfahren gibt, bei dem unter bestimmten Voraussetzungen ohne eine mündliche Verhandlung durch das Gericht entschieden werden kann. Deshalb ist es besonders wichtig, bei den ersten Anzeichen eines sich anbahnenden Ermittlungsverfahrens einen erfahrenen Rechtsanwalt in Polen mit der Strafverteidigung und der damit im Zusammenhang stehenden Wahrung der eigenen Interessen zu beauftragen.

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Deutscher Rechtsanwalt berät in Warschau im polnischen Strafrecht (Compliance in Polen).

Steffen Braun ist deutscher Rechtsanwalt und berät deutsch- und englischsprachige Mandanten im polnischen Strafrecht sowie beim Aufbau von Compliance-Systemen in Polen. Darüber hinaus vertritt er seine Mandanten sowohl im Ermittlungsverfahren als auch in der Hauptverhandlung vor Gericht.

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Deutscher Anwalt mit Kanzlei in Warschau berät seine Mandanten im polnischen Strafrecht.

Adam Paschke ist deutscher Rechtsanwalt und polnischer Adwokat und vertritt deutschsprachige Mandanten – sowohl Geschäftsleute als auch Privatpersonen – im Ermittlungsverfahren sowie in der Hauptverhandlung vor Gericht.

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